In der Sammlung

Comic-Archiv – Institut für Jugendbuchforschung
Weitere Objekte in dieser Sammlung

Persepolis – Eine Kindheit im Iran

Kategorien

Urheber

Marjani Satrapi

Datierung

2000

Maße

H 24 B 18 cm

Material

Papier, Hardcover-Einband mit Leinen-Rücken

Objekt-Schaufenster

Drucken
per E-Mail senden

Persepolis – Eine Kindheit im Iran

© Foto: Tom Stern, Copyright: Marketing und Kommunikation, Goethe-Universität

Persepolis – Eine Kindheit im Iran

von Anja Fröhlich

Dass er einen Comic, eine Bilder-Geschichte, in den Händen hält, merkt der Leser erst nach einigen Seiten. Denn von außen lässt nichts den bilderreichen Inhalt erahnen: Ein Buch mit Hardcover und einem Leinen-Rücken, die ersten Seiten könnten ebenso vor einem Roman stehen, es entspricht nichts dem Klischee des Comic-Heftchens, das sich Kinder für wenig Geld am Kiosk um die Ecke kaufen.

Genauer handelt es sich hier nicht um ein Comic-Heft, sondern eher um einen Comic-Roman, auch Graphic-Novel genannt. Dieser hat scheinbar wenig mit dem wesentlich älteren Comic-Format, dem Piccolo-Heft, gemein, das im Frankfurter Comic-Archiv nur ein paar Regale weiter in Archivkästen lagert. Der Graphic-Novel macht sich auch in einem Bücherregal gut, er ist salonfähig. Seine Themen sind vielfältig und vielschichtig, er sucht sein Publikum auch in älteren Zielgruppen.

Seit zwei Jahrzehnten erfährt das Comic-Angebot diese Wendung von der Kinder- und Jugendliteratur hin zur Allgemeinliteratur. Die Bezeichnung „Graphic Novel“ wird zumeist wenig präzise verwendet. Erstmals hat sie der Comic-Autor Will Eisner 1978 als Untertitel für sein Werk „A Contract with God and other Tenement Stories. A Graphic Novel“ benutzt und 1985 in seinem analytischen Lehrbuch „Comics and Sequential Art“ näher erläutert. Er charakterisierte damit nicht eine Gattung, sondern das grafische Erzählen im Allgemeinen. Heute wird der Begriff relativ beliebig verwendet, zum Beispiel für alle nicht in Heftform erschienen Comics. Es herrscht Verwirrung.

„Graphic Novel“ ist dabei auch, vielleicht sogar vor allem, ein Kampfbegriff, der den künstlerisch ambitionierten Comic, den „guten Comic“, ausweisen soll. Damit soll er deutlich vom „primitiven“ Comic-Heft, dem immer noch das Schund-Image der 1950er und 60er Jahre anhaftet, unterschieden werden. Man traut dem Comic nun, in der an das Buch angelehnten Form des „Graphic Novel“ zu, brisante historische, politische und gesellschaftliche Themen aufarbeiten zu können.

So tut dies auch Marjani Satrapis „Persepolis“. Der originelle Stil der Zeichnerin erinnert an Linol- oder Scherenschnitt, sie arbeitet mit der Flächenwirkung von Schwarz und Weiß, einer Gratwanderung zwischen Tag und Nacht. „Persepolis“ lebt von der engen Einheit zwischen Stil und Inhalt. Satrapis Autofiktion vom Leben und Aufwachsen der Protagonistin Marji während und nach der islamischen Revolution erzählt von Indoktrination, Folter und Exil. „Persepolis“ verdeutlicht, dass die Gattung Comic die literarischen Maßstäbe, die zunehmend an sie angelegt werden, nicht zu fürchten braucht.

Dies zeigt sich auch in der Wissenschaft: War für eine Beschäftigung mit Comics lange Zeit kein Platz an der Universität, so wird der Comic-Roman in letzter Zeit auch für die Germanistik interessant. Es werden Veranstaltungen zu Bildgeschichten und Comics angeboten, Lehrende und Lernende können dabei die umfassende Sammlung des Comic-Archivs am Institut für Jugendbuchforschung nutzen, der kontinuierlich weitere Werke hinzugefügt werden. Das Comic-Archiv ist die erste und derzeit umfangreichste Comic-Sammlung einer deutschen wissenschaftlichen Bibliothek. Ein großer Teil der Sammlung besteht aus Belegexemplaren der Verlage, daneben erhält sie ihre Objekte auch aus Stiftungen, von Privatsammlern und Unternehmen. Außerdem werden gezielt, wie es bei „Persepolis“ der Fall war, Neuerscheinungen von Werken angefordert. Man ist im Comic-Archiv um eine größtmögliche Vollständigkeit im Hinblick auf die deutschsprachigen Publikationen bemüht. Während der Besucher zwischen den engen Gängen der Regalen wandelt, ziehen über 50 Jahre deutschsprachige Comic-Geschichte an ihm vorüber. Nur wenige Meter trennen hier Donald Duck, Obelix und Co. von Marji. So unterschiedlich sie auch sein mögen, hier sind sie Nachbarn im Comic-Archiv der Goethe-Universität.

Anja Fröhlich war im Wintersemester 2012/13 Studentin der Geschichte. Der Text entstand im Rahmen der Lehrveranstaltung der Studiengruppe „sammeln, ordnen, darstellen“.

Literatur

Alfred Clemens Baumgärtner: Die Welt der Comics. Probleme einer primitiven Literaturform, Bochum 1965.

Bernd Dolle-Weinkauff: Comics – Geschichte einer populären Literaturform in Deutschland seit 1945, Weinheim und Basel 1990.

Bernd Dolle-Weinkauff: Vom Kuriositätenkabinett zur wissenschaftlichen Sammlung. Das Comic-Archiv des Instituts für Jugendbuchforschung der Goethe-Universität Frankfurt/Main, in: Imprimatur. Ein Jahrbuch für Bücherfreunde. Neue Folge XIX, 2005, S. 209–224.

Andreas C. Knigge: Fortsetzung folgt. Comic-Kultur in Deutschland. Frankfurt am Main, Berlin 1986.

Günter Metken: Comics, Frankfurt am Main 1970.

IMPRESSUM


Haben Sie Anregungen, Fragen oder Ergänzungen?

Wir freuen uns über Ihre Email an: sammlungen[at]uni-frankfurt.de

Konzept, Entwicklung und Herausgabe der Plattform

Dr. Judith Blume (heute: Koordinatorin der Sammlungen an der Goethe-Universität)
Dr. Vera Hierholzer (bis 2018; heute: Direktorin des Museums für Industriekultur in Osnabrück)
Dr. Lisa Regazzoni (bis 2020; heute: Professur für Theorie der Geschichte an der Universität Bielefeld)

Betreuung der Plattform

Dr. Judith Blume
Koordinatorin der Sammlungen an der Goethe-Universität
Universitätsbibliothek J.C. Senckenberg
Bockenheimer Landstraße 134-138
60325 Frankfurt/Main
Tel: 0049-(0)69-798-39197
J.Blume [at] ub.uni-frankfurt.de

Programmierung

Sven Winnefeld
www.winkin-verlag.de

Design

FGS Kommunikation – Steffen Grzybek, Martin Schulz GbR
www.fgs-kommunikation.de

Developed By

Jatinkumar Nakrani
linkedin
Github

Entstehungskontext

Die Plattform wurde von der Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen" am Forschungszentrum für Historische Geisteswissenschaften entwickelt und im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten der Goethe-Universität im Jahr 2014 eröffnet. Ihr Aufbau war eng mit der Ausstellung „Ich sehe wunderbare Dinge. 100 Jahre Sammlungen der Goethe-Universität“ verknüpft, die von Oktober 2014 bis Februar 2015 im Museum Giersch der Goethe-Universität zu sehen war. Viele der Objekterzählungen waren auch in der Ausstellung zu lesen und sind im Katalog abgedruckt worden; viele Ausstellungstexte haben wiederum den Weg in die Plattform gefunden. Ebenso wurden die auf der Plattform gezeigten Filme sowie viele der Fotografien eigens für die Ausstellung produziert.

Leitung der Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen"

Dr. Judith Blume
Dr. Vera Hierholzer (bis 2018)
Dr. Lisa Regazzoni (bis 2020)

Team der Jubiläumsausstellung

Dr. Charlotte Trümpler (Projektleitung und Kuratorin; Autorenkürzel: CT)
Dr. Judith Blume (Kuratorin, Autorenkürzel: JB)
Dr. Vera Hierholzer (Kuratorin, Autorenkürzel: VH)
Dr. Lisa Regazzoni (wissenschaftliche Mitarbeit, Autorenkürzel: LR)

Fotografien

Die Fotografien wurden von den einzelnen Sammlungen oder Autoren zur Verfügung gestellt sowie von Tom Stern (Sammlungsräume und Objekte), Uwe Dettmar (Objekte) und Jürgen Lechner (Objekte) angefertigt. Die Nachweise finden Sie bei den entsprechenden Abbildungen. Sollte trotz sorgfältiger Recherche ein Rechteinhaber oder Fotograf nicht genannt sein, bitten wir um einen entsprechenden Hinweis.

Filmproduktion

Sophie Edschmidt (Regie und Schnitt)
Philipp Kehm (Kamera)
Philipp Gebbe (Musik)
Dr. Charlotte Trümpler (Idee und Beratung)


Finanzierung


Haftungsausschluss/Disclaimer

Die Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen" des Forschungszentrums für Historische Geisteswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt übernimmt keinerlei Verantwortung für die Inhalte von Webseiten, welche durch die auf unseren Seiten angeführten Links erreichbar sind. Die auf solchen Webseiten wiedergegebenen Meinungen und/oder Tatsachenbehauptungen liegen in der alleinigen Verantwortung der/des jeweiligen Autorin/Autors. Da wir auf Änderungen durch Autoren externer Webseiten keinerlei Einfluss haben, weisen wir ferner ausdrücklich darauf hin, dass wir uns Texte oder Aussagen Dritter, welche durch Links auf externen Webseiten zugänglich sind, in keiner Weise zu eigen machen.