von Svenja Blumenrath
Es gibt kaum etwas, das Emoni so sehr begeistert, wie das Kochen. Die junge Protagonistin aus Elisabeth Acevedos Jugendroman Soul Food zaubert Gerichte, die von ihrer hispano-afrikanischen Abstammung geprägt sind und lang vergessene Erinnerungen in all jenen Menschen hervorrufen, die von diesen Gerichten kosten. Seit sie denken kann, will Emoni Köchin werden. Kurz vor dem Schulabschluss fällt es ihr trotzdem schwer, zu entscheiden, wie ihre Zukunft aussehen soll.
Emonis Leben ist ein Drahtseilakt zwischen zwei Welten: In der Schule ist sie die siebzehnjährige Schülerin, die einen Culinary Arts-Kurs besucht, Spenden für eine Exkursion nach Spanien sammelt und die Dates ihrer besten Freundin plant. Zuhause ist sie Mutter der zweijährigen Emma, auf die Unterstützung ihrer Großmutter angewiesen und fragt sich, wie sie nach ihrem Abschluss Tochter, Arbeit und Universität zugleich stemmen soll. Kurze Kapitel geben Einblicke in Emonis Alltag und Selbstfindung und zeigen, dass ihre Welten nicht parallel zueinander existieren, sondern ineinander übergreifen und einander beeinflussen.
Im Gegensatz zu Elisabeth Acevedos Erstlingswerk Poet X ist Soul Food ein reiner Prosatext. Trotzdem scheint der poetische Hintergrund der Autorin in jedem Satz durch, wenn Emoni ihre Träume, Hoffnungen und Wünsche zu einer Lasagne schichtet und sich über ihrer Mahlzeit ihre Zukunft ausmalt. Emonis Leben ist farbenfroh und intensiv und sie nimmt die Welt mit all ihren Sinnen wahr. Ihre Rezepte sind eine Mischung aus traditionellen Familienrezepten und neuen, eigenen Kreationen. Sie zeigen Emonis Versuch, ihre kulturelle Identität zu verstehen und zu bewahren und gleichzeitig ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen und ganz sie selbst zu sein.
Das Herz der Geschichte ist jedoch Emonis Rolle als Mutter. Durch sie gibt Acevedo all jenen jungen Frauen eine Stimme, die in der Literatur meist als abschreckendes Beispiel verwendet werden. Emonis Tochter ist mehr als nur ein Versehen: sie ist eine Figur mit eigener Persönlichkeit, die man sofort ins Herz schließen muss, und zu keinem Zeitpunkt hat man das Gefühl, dass Emoni es bereut, Emma bekommen zu haben. Acevedo zeichnet Emoni als starke und unnachgiebige Figur, deren Fokus voll und ganz auf ihre Tochter gerichtet ist. Emoni weiß, dass nur sie selbst alle Puzzlestücke ihres Lebens besitzt und über ihre und Emmas Zukunft entscheiden kann. Trotzdem verliert sie ihre eigenen Wünsche nicht aus dem Blick und erlaubt sich, ihren Träumen nachzujagen und zuversichtlich zu sein.
Soul Food ist ein hoffnungsvoller Roman, der gekonnt auf der Schwelle zwischen Erwachsenwerden und Erwachsensein balanciert und dabei eine Liebe für das Kochen zelebriert.
Diese Objektbeschreibung von Svenja Blumenrath entstand im Sommersemester 2021 im Kontext des Seminars „Kritik und Wahrheit. Literarische Urteilsbildung in Zeiten von fake news“ unter Anleitung von Felix Giesa am Institut für Kinder- und Jugendbuchforschung an der Goethe-Universität Frankfurt.
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Dr. Judith Blume (heute: Koordinatorin der Sammlungen an der Goethe-Universität)
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Die Plattform wurde von der Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen" am Forschungszentrum für Historische Geisteswissenschaften entwickelt und im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten der Goethe-Universität im Jahr 2014 eröffnet. Ihr Aufbau war eng mit der Ausstellung „Ich sehe wunderbare Dinge. 100 Jahre Sammlungen der Goethe-Universität“ verknüpft, die von Oktober 2014 bis Februar 2015 im Museum Giersch der Goethe-Universität zu sehen war. Viele der Objekterzählungen waren auch in der Ausstellung zu lesen und sind im Katalog abgedruckt worden; viele Ausstellungstexte haben wiederum den Weg in die Plattform gefunden. Ebenso wurden die auf der Plattform gezeigten Filme sowie viele der Fotografien eigens für die Ausstellung produziert.
Dr. Judith Blume
Dr. Vera Hierholzer (bis 2018)
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