Büste eines Römers

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Signatur

Inv. Nr. A78

Datierung

Abguss aus der Frühkaiserzeit nach Original um 60. v. Chr.

Maße

H 37, B 22, T 23 cm

Material

Gips

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Büste eines Römers

© Abguss-Sammlung Klass. Archäologie

Bildniskopf eines Römers der späten Republik

von Yannic Jäckel

Dieser Kopf eines Römers aus spätrepublikanischer Zeit ist der Abguss eines Einsatzkopfes einer Statue, der im Antikenmuseum in Basel aufbewahrt wird. Das oval geschnittene Gesicht ist mit starken und tiefen Falten übersät, der Blick wirkt intensiv, schwer und nachdenklich. Entgegen der verbreiteten Meinung sind veristische Gesichtszüge in der römischen Portraitplastik nicht schlichtweg die authentischen Züge der dargestellten Person, wenngleich der Anspruch bestand, dass diese zu identifizieren sein sollte. So müssen einmalige charakteristische Merkmale der Person in die Gestaltung des Porträts eingeflossen sein, z. B. die Schädel- oder Nasenform. Die Mimik und die Altersmerkmale eines Portraitkopfes drücken hingegen physische und moralische Eigenschaften aus, wie sie vom Amt, der Familienzugehörigkeit, der sozialen Herkunft und sogar gesellschaftlichen Stellung der dargestellten Person erwartetet wurden. Bereits in der griechischen Porträtkunst wurden unterschiedliche mimische Schemata entwickelt, die bestimmte Typen psychischer Energien zu charakterisieren geeignet waren: Es existieren jeweils spezielle Kombinationen von Blick und Stirnfalten für denkpotente Philosophen sowie für entscheidungs- und handlungsstarke Feldherrn. Gehörte im Griechischen ungebrochene körperliche Vitalität, ja sogar Schönheit zum Gesichtstypus der politischen Eliten, so findet sich im spätrepublikanischen, ‚gerontokratischen‘ Rom ein geradezu gegenteilig zu nennender Typus: hohle Wangen, faltenzerfurchtes, eingetrocknetes Inkarnat als Ausweis von Alterserfahrung und zehrender Sorge um den Staat, aber auch von Askese und autoritärer Härte, die in zusammengepressten schmalen Lippen und herabgezogenen Mundwinkeln auch mimisch ausgebaut wurden.

In der römischen Bildniskunst sind die Körper der einzelnen Personen vergleichsweise unwichtig, soweit es ihre tatsächlichen physischen Merkmale betrifft. Sie sind stereotyp für den gesellschaftlichen Stand oder das bekleidete Amt und wurden in Serie vorgefertigt, z. B. als Togatus, als Reiterstandbild o. Ä. Die Köpfe wurden dagegen bei Porträtspezialisten eigens in Auftrag gegeben, um in vorbereitete Senken des Torsos eingesetzt zu werden, oder aber allein, als körperlose Büste, eine vollwertige Repräsentation abzugeben. Diese spezielle „veristische“ Mischung aus Portrait und Typus ist der römischen Bildniskunst eigen. Sie hat sich möglicherweise aus der Tradition der Anfertigung von Totenmasken der Familienhäupter entwickelt, die für einen Ahnenkult dauerhaft aufbereitet und generationenlang bewahrt wurden. Nach dem Kontakt mit der hellenistischen Kunst konnte es nicht ausbleiben, dass bei der künstlerischen Aufbereitung der „authentischen“ Bildnisse von Ahnen wie auch griechisch-idealisierende Formelemente mit einflossen. Das gleiche gilt für die Selbstdarstellung lebender Römer in der späten Republik, insbesondere für im Osten aktive Feldherren und Kaufleute. Die Verehrung der Ahnenbilder, die in Büstenform auf Hausaltären präsentiert wurden, war einerseits pietätvolle Verpflichtung, diente andererseits dem Nachweis einer bedeutenden Genealogie und damit dem Anspruch der Familie, im Staat Führungsrollen zu übernehmen. Quasi als „Werbemaßnahme“ für die Familie.

Yannic Jäckel war im Sommersemester 2012 Student der Geschichte und Kunstgeschichte. Der Text entstand im Rahmen der Lehrveranstaltung der Studiengruppe „sammeln, ordnen, darstellen“ und ist von Dr. Ursula Mandel überarbeitet worden.

Literatur

Jan Bazant: Roman portraiture a history of its history, Prag 1995.

Ulrich Hausmann: Römerbildnisse, Stuttgart 1975.

Helga von Heintze (Hg.): Römische Porträt-Plastik aus sieben Jahrhunderten, Stuttgart 1961.

IMPRESSUM


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Konzept, Entwicklung und Herausgabe der Plattform

Dr. Judith Blume (heute: Koordinatorin der Sammlungen an der Goethe-Universität)
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Entstehungskontext

Die Plattform wurde von der Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen" am Forschungszentrum für Historische Geisteswissenschaften entwickelt und im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten der Goethe-Universität im Jahr 2014 eröffnet. Ihr Aufbau war eng mit der Ausstellung „Ich sehe wunderbare Dinge. 100 Jahre Sammlungen der Goethe-Universität“ verknüpft, die von Oktober 2014 bis Februar 2015 im Museum Giersch der Goethe-Universität zu sehen war. Viele der Objekterzählungen waren auch in der Ausstellung zu lesen und sind im Katalog abgedruckt worden; viele Ausstellungstexte haben wiederum den Weg in die Plattform gefunden. Ebenso wurden die auf der Plattform gezeigten Filme sowie viele der Fotografien eigens für die Ausstellung produziert.

Leitung der Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen"

Dr. Judith Blume
Dr. Vera Hierholzer (bis 2018)
Dr. Lisa Regazzoni (bis 2020)

Team der Jubiläumsausstellung

Dr. Charlotte Trümpler (Projektleitung und Kuratorin; Autorenkürzel: CT)
Dr. Judith Blume (Kuratorin, Autorenkürzel: JB)
Dr. Vera Hierholzer (Kuratorin, Autorenkürzel: VH)
Dr. Lisa Regazzoni (wissenschaftliche Mitarbeit, Autorenkürzel: LR)

Fotografien

Die Fotografien wurden von den einzelnen Sammlungen oder Autoren zur Verfügung gestellt sowie von Tom Stern (Sammlungsräume und Objekte), Uwe Dettmar (Objekte) und Jürgen Lechner (Objekte) angefertigt. Die Nachweise finden Sie bei den entsprechenden Abbildungen. Sollte trotz sorgfältiger Recherche ein Rechteinhaber oder Fotograf nicht genannt sein, bitten wir um einen entsprechenden Hinweis.

Filmproduktion

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Philipp Kehm (Kamera)
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