Denar des Antoninus Pius für seine verstorbene Frau Faustina

Kategorien

Urheber

Münzstätte Rom

Datierung

nach 141 n. Chr.

Maße

3,02g, 19mm

Material

Silber

Objekt-Schaufenster

Drucken
per E-Mail senden

Denar des Antoninus Pius für seine verstorbene Frau Faustina

Von toten Kaiserinnen und einer lebhaften Sammlung

von Fleur Kemmers und Saskia Kerschbaum

Die Kaiserin ist tot – lang lebe die Kaiserin! Im Jahr 140 n. Chr. starb die römische Kaiserin Annia Galeria Faustina im Alter von nur 35 Jahren. Ihr Ehemann, Kaiser Antoninus Pius (Kaiser: 138 – 161 n. Chr.) veranstaltete nicht nur ein aufwändiges Begräbnis und ließ sie im Hadriansmausoleum, der heutigen Engelsburg, beisetzen, er ging sogar noch einen Schritt weiter: Am 14. Oktober 140 n. Chr. wurde Faustina unter die Götter erhoben. Als erste Kaiserin überhaupt erhielt sie einen Tempel oberhalb des Forum Romanum. Zu ihren Ehren gab der Kaiser außerdem eine umfangreiche Münzserie heraus.

Eine der Silbermünzen zeigt auf der Vorderseite ein Porträt der verstorbenen Kaiserin, ihre Haare sind aufwändig geflochten und auf ihrem Kopf in einen Dutt gebunden, wahrscheinlich trug sie zudem noch Edelsteine oder Perlen im Haar. Erst die Umschrift DIVA FAVSTINA (vergöttlichte/göttliche Faustina) macht dem Betrachtenden deutlich, dass es sich bei diesem Bild nicht mehr um die lebende Kaiserin handelt. Dies wird auch durch die Abbildung auf der Rückseite der Münze bestätigt. Eindrucksvoll erinnern der leere, mit einem Tuch verhüllte Thron und das darüber liegende Zepter daran, dass Faustina nicht mehr unter den Lebenden weilt. Auf den zweiten Blick ist auch der Pfau erkennbar, der vor dem Thron steht: Er ist ein Symbol der römischen Göttin Juno, der Ehefrau des Göttervaters Jupiter und Beschützerin der Frauen. Zudem aber ist er der Vogel, der nach römischer Vorstellung die Kaiserin in den Himmel geflogen hatte. Damit beschwört der Pfau, genauso wie die Umschrift AETERNITAS (Ewigkeit) den Wunsch, dass Faustina zu den Göttern aufgestiegen ist.

Jenseits persönlicher Gefühle – der Kaiser blieb bis zu seinem Tod Witwer - instrumentalisierte Antoninus Pius seine Frau damit letzten Endes auch über ihren Tod hinaus für die kaiserliche Selbstdarstellung. Die Münze erinnert an die Tugenden der Kaiserin, macht aber auch deutlich, dass die kaiserliche Familie nun um eine Göttin reicher war. Und schließlich inszenierte diese Ehrung der Kaiserin auch die Pietas (Gottesfürchtigkeit; Tugend) des Kaisers selbst, die er sogar im Namen trug.

Sesterz des Antoninus Pius, Münzstätte Rom, 160 – 161 n. Chr., Bronze, 25,16 g, 31 mm, RIC III Antoninus Pius 1045, Sammlung Troltenier, Inventarnummer T0534

Dies visualisiert eine andere Münze auf vielschichtige Weise. Auf der Vorderseite ist ein schön gearbeitetes Porträt von Antoninus Pius mit Lorbeerkranz zu sehen, umrandet von der vollständigen Kaisertitulatur. Die Rückseite zeigt eine Frau mit langem Gewand, die auf den Armen zwei kleine Kinder hält. Links und rechts von ihr stehen ebenfalls zwei kleine Kinder, die jeweils einen Arm ausstrecken. Die Umschrift identifiziert sie als Pietas, die Personifikation der Gottesfürchtigkeit und Tugend. Es ist durchaus möglich, in ihr auch Züge der Faustina zu erkennen und die vier Kinder als ihre eigenen zu identifizieren. Sicherlich steht das Münzbild darüber hinaus auch für die allgemeine Prosperität und den Wohlstand des römischen Reichs, garantiert durch den Kaiser und seine kinderreiche Familie.

Durch nur zwei Münzen lässt sich also bereits ein detaillierter Eindruck von der dynastischen Selbstdarstellung eines römischen Kaisers und seiner Familie gewinnen. Und das ist kein Einzelfall, sondern für jeden Kaiser möglich. Dies hängt damit zusammen, dass Münzen die am vollständigsten erhaltene Quellengattung der Antike sind: Von beinahe jedem Kaiser und Gegenkaiser, von jeder Kaiserin und jedem potentiellen Erben existiert ein Münzbild.

Diese Vollständigkeit ist sicherlich eines der hervorstechendsten Merkmale der Sammlung Troltenier, aus der die hier vorgestellten Stücke stammen. Die Sammlung ist seit 2021 als Dauerleihgabe Teil der numismatischen Sammlung der Abteilung II des Instituts für Archäologische Wissenschaften. Sie umfasst knapp 1800 Münzen in Bronze und Silber aus der römischen Kaiserzeit, genauer gesagt von Caius Julius Caesar (100 – 44 v. Chr.) bis zum byzantinischen Kaiser Romanos I. (870 – 948 n. Chr.). Bis Kaiser Konstantin (Kaiser: 306 – 337 n. Chr.) hat die Sammlung mehrere Münzen von jedem Kaiser, meistens auch mit der dazugehörigen Kaiserin und ermöglicht damit als Lehrsammlung ein umfangreiches Studium kaiserlicher Selbstdarstellung. Die Vollständigkeit der Kaiserporträts stand im Zentrum der Sammlung, die von Dr. Uwe Oskar Troltenier (1928 – 2019) gegründet wurde. Troltenier selbst war promovierter Mathematiker und Physiker und arbeitete seit 1953 in Frankfurt am Main bei den Farbwerken Hoechst (später: Hoechst AG). 1984 zeichnete ihn die Goethe Universität Frankfurt als Honorarprofessor aus. Seine Leidenschaft für Numismatik entdeckte er in 1973. Diese Leidenschaft erstreckte sich auch auf die Weitergabe des Wissens, das aus einer solchen Sammlung generiert werden kann. Seinem Wunsch entsprechend wird die Sammlung nicht nur umfassend für den Lehrbetrieb genutzt, sondern auch in der institutseigenen Online-Datenbank, die mit einer Verbunddatenbank vernetzt ist, katalogisiert, um den Zugang zu diesen vielschichtigen Objekten auch jenseits der Universität zu ermöglichen.

Link zur Sammlung Troltenier

Prof. Dr. Fleur Kemmers ist Professorin am Institut für Archäologie von Münze, Geld und von Wirtschaft in der Antike der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Dr. Saskia Kerschbaum ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am gleichen Institut.

IMPRESSUM


Haben Sie Anregungen, Fragen oder Ergänzungen?

Wir freuen uns über Ihre Email an: sammlungen[at]uni-frankfurt.de

Konzept, Entwicklung und Herausgabe der Plattform

Dr. Judith Blume (heute: Koordinatorin der Sammlungen an der Goethe-Universität)
Dr. Vera Hierholzer (bis 2018; heute: Direktorin des Museums für Industriekultur in Osnabrück)
Dr. Lisa Regazzoni (bis 2020; heute: Professur für Theorie der Geschichte an der Universität Bielefeld)

Betreuung der Plattform

Dr. Judith Blume
Koordinatorin der Sammlungen an der Goethe-Universität
Universitätsbibliothek J.C. Senckenberg
Bockenheimer Landstraße 134-138
60325 Frankfurt/Main
Tel: 0049-(0)69-798-39197
J.Blume [at] ub.uni-frankfurt.de

Programmierung

Sven Winnefeld
www.winkin-verlag.de

Design

FGS Kommunikation – Steffen Grzybek, Martin Schulz GbR
www.fgs-kommunikation.de

Developed By

Jatinkumar Nakrani
linkedin
Github

Entstehungskontext

Die Plattform wurde von der Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen" am Forschungszentrum für Historische Geisteswissenschaften entwickelt und im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten der Goethe-Universität im Jahr 2014 eröffnet. Ihr Aufbau war eng mit der Ausstellung „Ich sehe wunderbare Dinge. 100 Jahre Sammlungen der Goethe-Universität“ verknüpft, die von Oktober 2014 bis Februar 2015 im Museum Giersch der Goethe-Universität zu sehen war. Viele der Objekterzählungen waren auch in der Ausstellung zu lesen und sind im Katalog abgedruckt worden; viele Ausstellungstexte haben wiederum den Weg in die Plattform gefunden. Ebenso wurden die auf der Plattform gezeigten Filme sowie viele der Fotografien eigens für die Ausstellung produziert.

Leitung der Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen"

Dr. Judith Blume
Dr. Vera Hierholzer (bis 2018)
Dr. Lisa Regazzoni (bis 2020)

Team der Jubiläumsausstellung

Dr. Charlotte Trümpler (Projektleitung und Kuratorin; Autorenkürzel: CT)
Dr. Judith Blume (Kuratorin, Autorenkürzel: JB)
Dr. Vera Hierholzer (Kuratorin, Autorenkürzel: VH)
Dr. Lisa Regazzoni (wissenschaftliche Mitarbeit, Autorenkürzel: LR)

Fotografien

Die Fotografien wurden von den einzelnen Sammlungen oder Autoren zur Verfügung gestellt sowie von Tom Stern (Sammlungsräume und Objekte), Uwe Dettmar (Objekte) und Jürgen Lechner (Objekte) angefertigt. Die Nachweise finden Sie bei den entsprechenden Abbildungen. Sollte trotz sorgfältiger Recherche ein Rechteinhaber oder Fotograf nicht genannt sein, bitten wir um einen entsprechenden Hinweis.

Filmproduktion

Sophie Edschmidt (Regie und Schnitt)
Philipp Kehm (Kamera)
Philipp Gebbe (Musik)
Dr. Charlotte Trümpler (Idee und Beratung)


Finanzierung


Haftungsausschluss/Disclaimer

Die Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen" des Forschungszentrums für Historische Geisteswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt übernimmt keinerlei Verantwortung für die Inhalte von Webseiten, welche durch die auf unseren Seiten angeführten Links erreichbar sind. Die auf solchen Webseiten wiedergegebenen Meinungen und/oder Tatsachenbehauptungen liegen in der alleinigen Verantwortung der/des jeweiligen Autorin/Autors. Da wir auf Änderungen durch Autoren externer Webseiten keinerlei Einfluss haben, weisen wir ferner ausdrücklich darauf hin, dass wir uns Texte oder Aussagen Dritter, welche durch Links auf externen Webseiten zugänglich sind, in keiner Weise zu eigen machen.