Kasten mit Werkzeugen und Besteck

Kategorien

Datierung

1935, 1937

Maße

H 40 cm, B 45 cm, T 5 cm

Material

Eisen, Blech, Blei, Holz

Objekt-Schaufenster

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Kasten mit Werkzeugen und Besteck

Spuren der Gewalt: Objekte und Opfer des NS-Regimes

von Silas Edwards

Wie geht man mit Objekten aus der NS-Zeit um?

Die Sammlung des Instituts für Rechtsmedizin wurde 1937 während der NS-Diktatur gegründet. Viele Objekte der Sammlung, die zur Schulung von Studierenden in der Praxis der Ermittlung gedacht waren, wurden von der Polizei bereitgestellt.

Schon vor der Fusion mit der Gestapo im Jahr 1938 war die Kriminalpolizei ein wichtiger Akteur in der Enteignung und Verfolgung von Juden sowie bei der Verhaftung anderer Gruppen, die als Feinde des nationalsozialistischen Regimes galten. Ab 1933 wurde die Praxis der Präventivhaft massiv ausgeweitet, um eine rechtliche Grundlage für Verhaftungen ohne Beweise zu schaffen. Manche Gruppen waren ganz besonders betroffen – die nationalsozialistische Ideologie verstand Kriminalität als eine erbliche Krankheit, die mit bestimmten ethnischen Gruppen wie den Roma und Sinti verbunden wurde.

Zu den Objekten, die die Sammlung während des NS-Regimes erwarb, gehören ein Messer und eine Gabel. Laut den Sammlungsunterlagen wurde das Besteck 1936 von einem Gefangenen namens Peter Berndl verschluckt, um Selbstmord zu begehen. Obwohl es für Ermittlungen im Allgemeinen wenig relevant war, wurde das Besteck zusammen mit einem Magenröntgenbild von Peter Berndl an das Institut für Rechtsmedizin übergeben. Das Bild und die Präsenz der Objekte in der Sammlung deuten darauf hin, dass der Fall mit einer Art morbider Neugier betrachtet wurde. Zu den Gründen der Verhaftung Peter Berndls wurde bislang keine Forschung betrieben, aber die Umstände seines Todes bezeugen die unmenschlichen Bedingungen in den nationalsozialistischen Gefängnissen.

Im Jahr 2014 wurden das Besteck und das Röntgenbild in der Jubiläumsausstellung „Ich sehe wunderbare Dinge. 100 Jahre Sammlungen an der Goethe-Universität“ ohne zusätzliche Provenienzforschung ausgestellt. Auch in der Ausstellung "Eine Stadt macht mit. Frankfurt und der NS" (2021 – 2022 im Historischen Museum Frankfurt) waren das Röntgenbild und Besteckkasten zu sehen. Hier standen die Objekte zur Verdeutlichung der unmenschlichen Haftbedingungen, allerdings wurde das Schicksal von Peter Berndl noch nicht aufgeklärt.

Bis heute hat keine intensive Aufarbeitung der Geschichte der rechtsmedizinischen Sammlung stattgefunden. Welche Bedeutung hat die Gründung der Sammlung unter dem NS-Regime für ihre heutige Nutzung, einschließlich der Arten von Verbrechen und Gewalt, die hervorgehoben oder übersehen werden? Und ist es ethisch vertretbar, menschliche Überreste weiterhin aufzubewahren, für die keine Zustimmung des Opfers vorliegt? Wenn nicht, wie sollte man zukünftig Objekte in die Lehre der Rechtsmedizin einbeziehen?

____________________________________________________________________________________________________________________________________ Silas Edwards studiert Curatorial Studies an der Goethe-Universität und arbeitet als studentische Hilfskraft in der Sammlungskoordination. Dieser Text entstand 2023 im Rahmen eines Projekts, in dem überlegt wurde, wie sogenannte 'sensible Objekte' aus der Sammlungen online präsentiert werden sollen.

IMPRESSUM


Haben Sie Anregungen, Fragen oder Ergänzungen?

Wir freuen uns über Ihre Email an: sammlungen[at]uni-frankfurt.de

Konzept, Entwicklung und Herausgabe der Plattform

Dr. Judith Blume (heute: Koordinatorin der Sammlungen an der Goethe-Universität)
Dr. Vera Hierholzer (bis 2018; heute: Direktorin des Museums für Industriekultur in Osnabrück)
Dr. Lisa Regazzoni (bis 2020; heute: Professur für Theorie der Geschichte an der Universität Bielefeld)

Betreuung der Plattform

Dr. Judith Blume
Koordinatorin der Sammlungen an der Goethe-Universität
Universitätsbibliothek J.C. Senckenberg
Bockenheimer Landstraße 134-138
60325 Frankfurt/Main
Tel: 0049-(0)69-798-39197
J.Blume [at] ub.uni-frankfurt.de

Programmierung

Sven Winnefeld
www.winkin-verlag.de

Design

FGS Kommunikation – Steffen Grzybek, Martin Schulz GbR
www.fgs-kommunikation.de

Developed By

Jatinkumar Nakrani
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Entstehungskontext

Die Plattform wurde von der Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen" am Forschungszentrum für Historische Geisteswissenschaften entwickelt und im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten der Goethe-Universität im Jahr 2014 eröffnet. Ihr Aufbau war eng mit der Ausstellung „Ich sehe wunderbare Dinge. 100 Jahre Sammlungen der Goethe-Universität“ verknüpft, die von Oktober 2014 bis Februar 2015 im Museum Giersch der Goethe-Universität zu sehen war. Viele der Objekterzählungen waren auch in der Ausstellung zu lesen und sind im Katalog abgedruckt worden; viele Ausstellungstexte haben wiederum den Weg in die Plattform gefunden. Ebenso wurden die auf der Plattform gezeigten Filme sowie viele der Fotografien eigens für die Ausstellung produziert.

Leitung der Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen"

Dr. Judith Blume
Dr. Vera Hierholzer (bis 2018)
Dr. Lisa Regazzoni (bis 2020)

Team der Jubiläumsausstellung

Dr. Charlotte Trümpler (Projektleitung und Kuratorin; Autorenkürzel: CT)
Dr. Judith Blume (Kuratorin, Autorenkürzel: JB)
Dr. Vera Hierholzer (Kuratorin, Autorenkürzel: VH)
Dr. Lisa Regazzoni (wissenschaftliche Mitarbeit, Autorenkürzel: LR)

Fotografien

Die Fotografien wurden von den einzelnen Sammlungen oder Autoren zur Verfügung gestellt sowie von Tom Stern (Sammlungsräume und Objekte), Uwe Dettmar (Objekte) und Jürgen Lechner (Objekte) angefertigt. Die Nachweise finden Sie bei den entsprechenden Abbildungen. Sollte trotz sorgfältiger Recherche ein Rechteinhaber oder Fotograf nicht genannt sein, bitten wir um einen entsprechenden Hinweis.

Filmproduktion

Sophie Edschmidt (Regie und Schnitt)
Philipp Kehm (Kamera)
Philipp Gebbe (Musik)
Dr. Charlotte Trümpler (Idee und Beratung)


Finanzierung


Haftungsausschluss/Disclaimer

Die Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen" des Forschungszentrums für Historische Geisteswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt übernimmt keinerlei Verantwortung für die Inhalte von Webseiten, welche durch die auf unseren Seiten angeführten Links erreichbar sind. Die auf solchen Webseiten wiedergegebenen Meinungen und/oder Tatsachenbehauptungen liegen in der alleinigen Verantwortung der/des jeweiligen Autorin/Autors. Da wir auf Änderungen durch Autoren externer Webseiten keinerlei Einfluss haben, weisen wir ferner ausdrücklich darauf hin, dass wir uns Texte oder Aussagen Dritter, welche durch Links auf externen Webseiten zugänglich sind, in keiner Weise zu eigen machen.