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Klavierrollensammlung – Institut für Musikwissenschaft
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Klavierrolle „Ducartist“

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Urheber

Frankfurter Orchestrion- & Piano- Instrumenten-Fabrik J. D. Philipps

Datierung

ca. 1907-1927

Maße

Schachtel: H 6,5, B 32/, T 6 cm; Rolle: H 5,5, B 31 cm

Material

Pappe, Papier, Spindel aus Metall mit hölzernen Wangen

Objekt-Schaufenster

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Klavierrolle „Ducartist“

© Marketing und Kommunikation Goethe-Universität, Fotograf: Tom Stern

Etwas von der Rolle

von Janine Aures und Silke Reich

Es ist eine einfache dunkelblaue Schachtel aus Pappe, eine unter 954 anderen in einem Regal. Alle tragen jeweils einen quadratischen, bereits leicht vergilbten Beschriftungszettel auf der Kopfseite. Auf diesem sind ein Musiktitel, der Name eines Komponisten und – in originaler Unterschrift – der eines Pianisten vermerkt. Es handelt sich um sogenannte Klavierrollen – Rollen aus Papier, auf die mittels gestanzter Löcher Musikstücke gebannt werden. Die Löcher geben, ähnlich wie bei einer Spieluhr, die Tonhöhe und die Tonlänge an. Die Rolle enthält aber auch – und darin unterscheidet sie sich von dem Prinzip einer Spieluhr – Informationen über Pedaleinsatz, Dynamik und Artikulation des Tons. Dies erlaubt es, das Spiel eines Pianisten nahezu originalgetreu aufzuzeichnen und so zu konservieren. Ein mit einem pneumatischen Mechanismus versehenes Klavier kann diese Informationen auslesen und das eingestanzte Stück zum Klingen bringen. Dabei läuft die Rolle im Klavier über einen Spalt, den sogenannten Gleitblock. Im Inneren der Pneumatik wird ein Vakuum erzeugt. Durch die Löcher im Papier kann Luft in das System einströmen, der so entstehende Druckunterschied löst – vorgegeben durch Größe und Lage des Loches – den Hammer des notierten Tones aus. Trifft dieser mit der angegebenen Intensität auf die Saite, erklingt der Ton.

Auf dem Etikett der ausgewählten Rolle sind gleich drei berühmte Namen der Musikgeschichte aufgeführt und alle stehen für Virtuosität: Franz Liszt (1811–1886), Niccolò Paganini (1782–1840) und Ferruccio Busoni (1866–1924). Die Rolle trägt eine Aufnahme von „La Campanella“, der wohl bekanntesten der Liszt´schen Paganini-Etüden, eingespielt von Busoni. Liszt sah während einer Schaffenskrise Paganini in einem Konzert und nahm sich vor, der Paganini des Klaviers zu werden. Daraufhin komponierte er diese Etüden, die in ihrer ersten Fassung unspielbar waren. Später, nachdem er mehr Erfahrung als Pianist, aber auch als Komponist gesammelt hatte, überarbeitete er die Stücke noch einmal. In dieser Version gelten sie bis heute als die schwersten der Klavierliteratur und weisen jeden Pianisten, der sie beherrscht, als Virtuosen aus.

Am Beispiel dieser Einspielung lässt sich die Besonderheit der Klavierrollen ermessen. Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts steckte die Audio-Aufnahmetechnik noch in den Kinderschuhen. Doch diese Rollen, eingespielt zwischen 1907 und 1912, ermöglichten es, das Spiel eines berühmten Pianisten festzuhalten und im eigenen Wohnzimmer zu hören. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte man Werke, die aufgrund ihrer Besetzung oder ihrer Schwierigkeit nicht selbst gespielt werden konnten, nur im Konzert hören. Wurde Musik nicht live gespielt, erklang sie auch nicht. Es bestand daher ein Interesse an gerade jenen Stücken, die zwar weithin beliebt waren, sich aber nicht für das private Musizieren eigneten.

Dieser Umstand zeigt sich auch in der Zusammensetzung der Sammlung im Musikwissenschaftlichen Institut an der Goethe-Universität Frankfurt, in der sich die hiesige Klavierrolle befindet. Einen Großteil der bis 1927 hergestellten Rollen bilden Arien aus Opern und Operetten sowie Klavierbearbeitungen beliebter Lieder. Unter den Opern nehmen jene Richard Wagners mit 17 Rollen den größten Anteil ein. Wenig überraschend sind auch die anderen häufig vertretenen Komponisten wie Bach (18), Mozart (20), Brahms, Grieg, Schumann und Schubert (23). Werke von Beethoven finden sich auf insgesamt 67 Rollen, aber der mit Abstand am häufigsten vertretene Komponist ist Franz Liszt mit 80 Rollen.

Die Sammlung setzt sich aus 898 Rollen mit klassischen Werken und 56 Rollen mit Unterhaltungsmusik zusammen und spiegelt den Musikgeschmack des frühen 20. Jahrhunderts wider. Es lassen sich jedoch viele weitere Fragen stellen: Warum wurden gerade diese Künstler rezipiert? Wie wirkt sich die Möglichkeit der Aufnahme von Musik auf diese aus? Wie spielte Busoni Klavier? Wie interpretierte man Bach? Die Klavierrollen ermöglichen die sinnliche Erfahrung von Musik, fernab theoretischer Schriften. Die Beschreibung einer Aufführung kann, wie die Beschreibung eines Bildes, nie das Werk selbst erfassen, da sich einige Ebenen der Sprache entziehen. Diesen Einblick gewähren diese Rollen.

Im Sommersemester 2013 war Janine Aures Studentin der Geschichte und Silke Reich Studentin der Musikwissenschaft. Der Text entstand im Rahmen der Jubiläumsausstellung „Ich sehe wunderbare Dinge. 100 Jahre Sammlungen der Goethe Universität“ und wurde im Katalog veröffentlicht. Dieses Objekt war in der Jubiläumsausstellung "Ich sehe wunderbare Dinge. 100 Jahre Sammlungen der Goethe-Universität" 2014/2015 zu sehen. Der erläuternde Text wurde für die Ausstellung bzw. den begleitend erschienenden Katalog verfasst.

Literatur

Detlef Altenburg, Axel Schröter: Franz Liszt, in Musik in Geschichte und Gegenwart, hg. v. Ludwig Finscher, Personenteil Bd. 11, Kassel u. a. 2004, Sp. 203–311.

Jürgen Hocker: Faszination Player Piano. Das selbstspielende Klavier von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bergkirchen 2009.

Jürgen Hocker: Mechanische Musikinstrumente, in: Musik in Geschichte und Gegenwart, hg. v. Ludwig Finscher, Sachteil Bd. 5, Kassel u.a. 1962, Sp. 1710–1742.

Herbert Jüttemann: Mechanische Musikinstrumente. Einführung in Technik und Geschichte, Köln 20102, S. 17–20, 99–111, 249–266.

Siegfried Wendel: Datenspeicher-Musikinstrumente, Reichesheim am Rhein 2002, S. 80 f.

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IMPRESSUM


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Wir freuen uns über Ihre Email an: sammlungen[at]uni-frankfurt.de

Konzept, Entwicklung und Herausgabe der Plattform

Dr. Judith Blume (heute: Koordinatorin der Sammlungen an der Goethe-Universität)
Dr. Vera Hierholzer (bis 2018; heute: Direktorin des Museums für Industriekultur in Osnabrück)
Dr. Lisa Regazzoni (bis 2020; heute: Professur für Theorie der Geschichte an der Universität Bielefeld)

Betreuung der Plattform

Dr. Judith Blume
Koordinatorin der Sammlungen an der Goethe-Universität
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Tel: 0049-(0)69-798-39197
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Programmierung

Sven Winnefeld
www.winkin-verlag.de

Design

FGS Kommunikation – Steffen Grzybek, Martin Schulz GbR
www.fgs-kommunikation.de

Developed By

Jatinkumar Nakrani
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Entstehungskontext

Die Plattform wurde von der Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen" am Forschungszentrum für Historische Geisteswissenschaften entwickelt und im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten der Goethe-Universität im Jahr 2014 eröffnet. Ihr Aufbau war eng mit der Ausstellung „Ich sehe wunderbare Dinge. 100 Jahre Sammlungen der Goethe-Universität“ verknüpft, die von Oktober 2014 bis Februar 2015 im Museum Giersch der Goethe-Universität zu sehen war. Viele der Objekterzählungen waren auch in der Ausstellung zu lesen und sind im Katalog abgedruckt worden; viele Ausstellungstexte haben wiederum den Weg in die Plattform gefunden. Ebenso wurden die auf der Plattform gezeigten Filme sowie viele der Fotografien eigens für die Ausstellung produziert.

Leitung der Studiengruppe "sammeln, ordnen, darstellen"

Dr. Judith Blume
Dr. Vera Hierholzer (bis 2018)
Dr. Lisa Regazzoni (bis 2020)

Team der Jubiläumsausstellung

Dr. Charlotte Trümpler (Projektleitung und Kuratorin; Autorenkürzel: CT)
Dr. Judith Blume (Kuratorin, Autorenkürzel: JB)
Dr. Vera Hierholzer (Kuratorin, Autorenkürzel: VH)
Dr. Lisa Regazzoni (wissenschaftliche Mitarbeit, Autorenkürzel: LR)

Fotografien

Die Fotografien wurden von den einzelnen Sammlungen oder Autoren zur Verfügung gestellt sowie von Tom Stern (Sammlungsräume und Objekte), Uwe Dettmar (Objekte) und Jürgen Lechner (Objekte) angefertigt. Die Nachweise finden Sie bei den entsprechenden Abbildungen. Sollte trotz sorgfältiger Recherche ein Rechteinhaber oder Fotograf nicht genannt sein, bitten wir um einen entsprechenden Hinweis.

Filmproduktion

Sophie Edschmidt (Regie und Schnitt)
Philipp Kehm (Kamera)
Philipp Gebbe (Musik)
Dr. Charlotte Trümpler (Idee und Beratung)


Finanzierung


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